Solidaritätsprinzip in der Finanzierung von Hallenbädern
Regionale Nutzung, regionale Finanzierung
Der Kostendruck auf öffentliche Hallenbäder ist enorm. Ohne beträchtliche Zuschüsse der Gemeinden könnten vielerorts nicht einmal die Betriebskosten gedeckt werden. Deshalb prüft die REGIO Appenzell AR – St. Gallen – Bodensee die Finanzierung der öffentlichen Hallenbäder über ein Verbundmodell. Die Hallenbäder werden regional genutzt und sollen somit auch regional finanziert werden. Im Auftrag der REGIO hat sich BPM Sports einer Hallenbadstudie angenommen und entwickelt und prüft dazu verschiedene Lösungsvarianten zur Umsetzung.
Anhand von 4 Fakten:
1. Hallenbäder leben von Gemeinde-Zuschüssen
Immer wieder liest und hört man in den Medien von Hallenbadschliessungen. Ein wesentlicher Grund dafür ist der erhöhte Kostendruck, welchem Hallenbäder ausgesetzt sind. Aufgrund der hohen Investitionskosten für den Bau eines Hallenbades fallen in der Folge hohe Betriebskosten an. Nebst den Energie- und Wasserkosten stellen Unterhalt und Personal die wesentlichen Betriebskostentreiber. Hinzu kommt, dass die öffentlichen Hallenbäder im Sinne des Service public für alle zugänglich sein sollen und daher die Eintrittspreise tief gehalten werden. Würden die hohen Kosten auf die Eintrittspreise und somit auf die Kunden abgewälzt werden, würde dies die Kunden abschrecken und fernhalten. Für Gemeinden mit einem Hallenbad stellt sich deshalb die Frage nach alternativen Finanzierungsmodellen.
2. Problematik: Regionale Nutzung aber lokale Finanzierung
Die REGIO Appenzell AR – St.Gallen – Bodensee ist ein Verbund von 47 politischen Gemeinden aus den drei Kantonen Appenzell Ausserrhoden, St.Gallen und Thurgau. Die interkommunale Zusammenarbeit ist eines der Hauptziele dieses Verbundes. In dieser REGIO besteht in mehreren Hallenbädern Sanierungsbedarf. Zusammen mit den jährlichen Betriebskosten entstehen enorm hohe Auslagen, welche die jeweiligen Standort-Gemeinden nicht mehr bereit sind, alleine zu stemmen. Sie erhoffen sich eine Beteiligung der REGIO-Gemeinden an den Betriebskosten. Die Hallenbäder werden regional genutzt, aber nur die jeweiligen Standort-Gemeinden kommen für die Kosten auf. 2014 musste die Gemeinde Degersheim ihr Hallenbad aus Spargründen bereits schliessen. Ob sich die weiteren Gemeinden ihre Hallenbäder ohne Verbundlösung noch leisten können, ist unsicher.
3. Zukunftsmodell verspricht finanzielle Entlastung für die Standort-Gemeinden
Die REGIO Appenzell AR – St. Gallen – Bodensee entwickelte mit Unterstützung von BPM Sports ein Verbundmodell. Nach einer breiten Vernehmlassung scheint die Zustimmung einer Mehrheit der Regio-Gemeinden möglich zu sein. Dabei wird ein Hallenbadverbund gegründet, dem sich jede Gemeinde anschliessen kann. Alle Gemeinden in diesem Verbund unterstützen gemeinsam alle Hallenbäder der Standort-Gemeinden. Somit werden die Standort-Gemeinden in ihren Kosten entlastet. BPM Sports hat auf Basis des Verbundmodelles das Finanzierungsmodell «Regionale Betriebsbeiträge» entwickelt: Die Investitionskosten liegen weiterhin zu 100% bei den Standortgemeinden. Die Standortgemeinden kommen für 50% ihrer Betriebskosten auf, für die restlichen 50% sollen die Verbund-Gemeinden einen jährlichen pro-Kopf Beitrag in einen gemeinsamen Fonds zahlen. Für die Standort-Gemeinden besteht der Anreiz, ihr Hallenbad möglichst effizient zu führen, denn die Kennzahl «Eintritte pro m2 Wasserfläche» wird im Verteilschlüssel verwendet. Die prozentualen Abweichungen zum Mittelwert aller 6 REGIO-Hallenbäder-Kennzahlen ergeben die den Standort-Gemeinden zustehenden Beträge. Bürger der Verbundgemeinden zahlen den regulären Eintrittspreis in alle 6 Hallenbäder des Hallenbadverbundes, wohingegen die Nicht-Verbund-Gemeinden einen 30-50% Zuschlag auf alle Ticketkategorien der Hallenbäder im Verbund zahlen müssen, Beiträge für Schul- und Vereinsschwimmen miteingeschlossen.
4. Eine digitaltechnische Umsetzungsvariante
Die beteiligten Hallenbäder erweisen sich als sehr unterschiedlich bezüglich Angeboten und Berechnungsgrundlagen, was deutliche Preisdifferenzen zur Folge hat. Die individuelle Autonomie der Preisgestaltung bleibt daher den Standort-Gemeinden erhalten. Es handelt sich lediglich um einen Kostenverbund, der die Standort-Gemeinden zur Hälfte der Betriebskosten entlasten soll. Die Finanzierung der technischen Umsetzung liegt bei den Standort-Gemeinden. Um zwischen Bürgern der Verbund-Gemeinden und Nicht-Verbund-Gemeinden zu unterscheiden, hat BPM Sports durch Informatikunternehmen digitaltechnische Systeme für eine Wohnsitzprüfung testen lassen. Der Ablauf gestaltet sich folgendermassen: Das Kassenpersonal scannt einen gültigen Ausweis des Kunden. Anschliessend macht der Business Service einen Datenabgleich mit dem kantonalen Einwohnerregister und liefert auf dem Bildschirm entweder ein «JA» oder ein «Nein». Somit ist ersichtlich, ob der Wohnsitz des Kunden zu einer Verbund-Gemeinde gehört oder nicht. Falls ja, ist der «normale Betrag» zu zahlen. Falls nein, muss der Kunde den um 30-50% höheren Eintrittspreis zahlen, da seine Gemeinde nicht dem Verbund angehört. Die technische Umsetzung könnte auch als vollautomatische Variante erfolgen, um Kassenpersonal einzusparen. Die Kosten für die technische Umsetzung spielen keine tragende Rolle, viel wichtiger ist die Anzahl der Gemeinden, welche sich dem Verbund anschliessen.