Schulterblick
Eissportanlagen im Clinch
Eissportanlagen, vor allem offene, weisen eine ähnliche Charakteristik wie Freibäder auf. Sie sind nur rund fünf Monate in Betrieb. Diese Teilnutzung ist weder aus Sicht des Flächenbedarfs, des Liegenschaftsportfolios noch aus Sicht des Breitensports als auch des Vereinssports effizient. Bei einem Strategiewechsel steht darum eine Mehrfachnutzung im Mittelpunkt. BPM Sports ist in verschiedene Eishallen-Projekte in der ganzen Deutschschweiz involviert. Dabei zeigt sich eine Ausgangslage, die zum Teil verallgemeinert wird – obwohl die individuelle Positionierung der lokalen Eissportvereine jeweils eine wichtige Rolle spielt.
Ein paar Zahlen
Fakt ist, dass knapp 2.1% der Gesamtbevölkerung eislaufen. In der gleichen Grössenordnung bewegt sich der privat organisierte Reitsport wie auch der Inlinesport. Auch das in der Regel privat angebotene Golf weist eine Verbreitung von 2.3% aus. Mit 1.1% Aktiven nimmt der Eishockeysport die Rolle einer Randsportart wie Segeln und Tauchen ein. Dank der National League und ihrem Ligabetrieb wie auch den Erfolgen des Herren- und Damennationalteams ist er aber nicht nur omnipräsent in den Medien sondern auch sehr erfolgreich. Zudem hat die Schweiz rund 2.1 Millionen Eishockey Fans, oder zumindest Interessierte.
Hoher Energiebedarf von Eishallen
Was jeder Eishallenbesitzer bereits wusste, erfuhr die breitere Bevölkerung im Zusammenhang mit der Energiemangellage: Kunsteisbahnen benötigen viel Energie und müssen im Sinne einer nachhaltigen Zukunft entsprechende Strategie und Konzepte entwickeln. Im Sinne funktionierender Eissportanlagen sind dabei die Eissportverbände gefordert.
Die Tage von fixen, offenen Eissportanlagen sind gezählt.
In den Wintermonaten boomen die temporären Eis-Anlagen in den Stadtzentren. Die Nachfrage der breiten Bevölkerung nach einem Eislauferlebnis unter freiem Himmel, gepaart mit einem passenden Ambiente und Gastronomie an zentraler Lage ist gross. Damit können die bestehenden Anlagen, die hauptsächlich auf den Hockey-Sport ausgerichtet sind und nicht viel mehr als “Kreisen in einem Oval” anbieten, nicht mithalten. Die Aufträge für mobile Anlagen, welche durch Unternehmen wie LaPati und andere erstellt werden, deuten auf eine Verdoppelung der Anzahl Anlagen in den Wintermonaten hin. Die Beliebtheit für Klein und Gross scheint ungebrochen.
Aufwendiger Anlagenbetrieb
Der organisierte Sport von heute benötigt stabile Rahmenbedingungen: konstantes Licht, konstante Eisverhältnisse. Lärmklagen müssen ebenfalls von Beginn an ausgeschlossen werden. Das Erfüllen nur Eishallen. Die Logistik im Eishockeysport verlangt zudem nach vielen Nebenräumen für Garderoben und Lager – sowie eine gute Erschliessung für den motorisieren Individualverkehr. Aus der Sicht einer Gemeinde, die als Eigentümerin zunehmend mit Flächenknappheit und einem unausgeglichenen Finanzhaushalt zu kämpfen hat, bilden diese Sportanlagen eine grosse Herausforderung.
Energiefreundliche Zukunftsmodelle
Lösungen mit synthetischem Eis bestehen bereits, weisen aber noch Mängel punkto Gleitfähigkeit auf. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht verspricht dieser Weg für die Betreibenden eine deutliche Verbesserung. Es würde nicht überraschen, wenn dem Beispiel der temporären Anlage – wie dem der Sportgastro AG auf dem Bundesplatz im Winter 2022/23 – weitere Anbieter folgen würden. Für Publikumsanlagen könnte dies ein möglicher Weg sein. Und der Wettkampfsport? Bereits denken auch die Verantwortlichen von Proficlubs laut über eine Trainingshalle mit synthetischem Eisfeld nach. Der Fokus wird dabei mehr auf die Verbesserung der Gleitfähigkeit von Kufen und Puck als auf die Unterlage gelegt. Ein Ansatz? Riccardo Signorell, ehemaliger Eishockeyprofi und Filmproduzent, beschäftigt sich aktuell mit seiner Partnerin Dayana Signorell und der neu gegründeten GREEN HOCKEY AG intensiv mit solchen Lösungen. „Auch der Eishockeysport und damit die Verbände müssen sich in Richtung Nachhaltigkeit bewegen, sonst wird es dieser Sport in einigen Jahren sehr schwer haben“, meint Signorell. Damit spricht er vor allem die reglementarischen Vorgaben an, die aktuell immer noch ein künstlich erzeugtes Eisfeld als Grundlage fordern. Aber auch die emotionale Verbindung zum natürlichen Eis erschwert den Gang in eine energieeffiziente Richtung.
Für eine nachhaltige Gestaltung der Zukunft braucht es somit zwei Seiten: Technisch innovative Lösungen sowie ein sportliches Umdenken, das den Erfordernissen der Zeit gerecht wird.
07.03.2023